Mit den zwei Stadionrunden decken die Kinder und Jugendlichen den Ausdauerbereich ab, fürs Sportabzeichen braucht es zudem Leistungsnachweise in Sachen Koordination, Kraft und Schnelligkeit. Das Kaltenleitner-Quartett peilt das Familien- Sportabzeichen an, für das zumindest drei Personen aus zwei Generationen benötigt werden. Es wäre eine Premiere aus Verbundenheit zum Verein. „Wir wollten unsere Prüfer etwas unterstützen, damit am Ende auch eine stattliche Zahl zusammenkommt“, erklärt Jessica Kaltenleitner, die sich den von den Erwachsenen geforderten 3000-Meter-Lauf ersparen und stattdessen lieber 800 Meter im Freibad schwimmen will. Das ist erlaubt, in allen vier Bereichen gibt es Ersatzdisziplinen für die, die es nicht so mit Leichtathletik haben.
An diesem Abend wird auf der Maubacher Höhe gerannt und gesprungen, gestoßen und geworfen. Alexander Orth nimmt 25 Meter vor der Weitsprunggrube Tempo auf, trifft den Balken und landet nach einem respektablen Satz im Sand. Herbert Janner, wie alle Prüfer mit Stoppuhr und Maßband ausgerüstet, misst penibel nach: „4,95 Meter.“ Der 38-Jährige ist zufrieden, verzichtet auf einen weiteren Versuch und lässt die Weite eintragen. „Letztes Mal habe ich die 3000 Meter erledigt, heute den Weitsprung und den Standweitsprung, in einer Woche kommen die 100 Meter dran“, verrät der Backnanger, für den alleine das goldene Sportabzeichen zählt. „Was sonst“, fragt er und lacht. In den drei abgehakten Disziplinen erfüllte er die Anforderungen für Gold, das sei beim Sprint mit 12,60 Sekunden „utopisch“. Weil einmal auch Silber reicht, um letztlich Gold zu bekommen, sieht es aber gut aus. 14,30 Sekunden „sind machbar, mit etwas Rückenwind“.
Papa Orth packt der Ehrgeiz: Ziel sind 15 Familiensportabzeichen
Im Schlepptau hat Alexander Orth seine Frau Stefanie (37) und Tochter Stella (8), die das Sportabzeichen-Thema in der Familie platzierte. „Das war ein guter Ansporn, wieder mehr Sport zu machen“, freut sich die Mutter rückblickend. Für die Orths wäre es das zweite Familiensportabzeichen, der Vater schaut schmunzelnd aber schon viel weiter. 15-mal, wie die zu den Prüfern zählenden Rauschers, „das ist die Benchmark, da wollen wir hin“.
Dem Prüferteam um Nicole Mehl kann solcher Ehrgeiz nur recht sein, so geht die Arbeit nicht aus. Die Leiterin wirbt voller Überzeugung fürs Sportabzeichen: „Jeder kann es machen – egal, ob Mitglied oder Nichtmitglied, Jung oder Alt, männlich oder weiblich oder als Familie. Seit diesem Jahr können bei uns auch Menschen mit Behinderungen das Sportabzeichen erwerben.“ Nikolai Griem – ein 22-Jähriger mit Downsyndrom – ist an diesem Tag der Erste, „es dürfen aber gerne mehr werden. Für Rollstuhlfahrer würden wir zum Beispiel einen Slalom-Parcours aufbauen“.
Zu den gut 20 Sportlern im Stadion gehört auch Paul Süßmann. „Ich will meine Fitness bestätigen“, nennt der 77-Jährige sein Motiv, „der Ansporn wird immer größer, umso älter man wird.“ Er fahre auch Fahrrad, schwimme und wandere, erzählt der Backnanger, aber der Abgleich mit den früheren Leistungen ist was anderes. 1,88 Meter im Standweitsprung sowie 19 Wiederholungen im Seilspringen würden Gold bedeuten, „nun muss ich noch zweimal schwimmen, aber das ist kein Problem“.
Selbstredend gerne hört der Redakteur, warum Dana Greiner mit ihren Eltern da ist. „Mein Papa hat vom Sportabzeichen in der Zeitung gelesen“, erzählt die elfjährige Backnangerin, die es auch als gute Vorbereitung für die Bundesjugendspiele sieht. „Ich habe heute für Schlagball geübt und schreibe 3,39 Meter beim Weitsprung auf“, sagt das Mädchen, um zwei Minuten später doch noch mal in die Grube zu hüpfen. Und siehe da – schon sind es 3,40 Meter.
Für Rainer Mögle, den Vorsitzenden der TSG Backnang 1846, legt das Sportabzeichen mit Aspekten wie Beweglichkeit, Koordination und Kondition die Basis für alles andere. Was er vor allem auch für Kinder wichtig findet, denn „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“. Weitere Argumente liefert die Sportkreis-Referentin. „Es ist wichtig für die Jugendlichen, weil es in Bewerbungen ein wichtiger Faktor ist. Die Arbeitgeber legen Wert darauf“, weiß Silke Olbrich und fährt fort: „Für die Erwachsenen gibt’s Bonuspunkte oder Vergünstigungen bei vielen Krankenkassen.“ In einigen Bundesländern ist das Sportabzeichen eine Einstellungsvoraussetzung für Polizisten, zudem ist es laut Olbrich ein Exportschlager, zum Beispiel an ungarischen Schulen. Sie oder andere Prüfer reisen für die Prüfungen dorthin. Die Jagd nach Urkunden und Abzeichen verbindet also nicht nur alle Generationen, sondern im Idealfall sogar Nationen.